Hintergrund

Perspektiven, Anwendungsfelder, Recherchen

Wir haben diese Seite zusammenfassend Hintergrund genannt. 


Sie bringt eine Reihe von Perspektiven und praktischen Anwendungsfeldern zusammen. Prävention und Bearbeitung von Konflikten sind nicht selten durch vielseitige Ursachen und durch zahlreiche zu berücksichtigende Akteure gekennzeichnet. Auf dieser Seite wollen wir zeigen, wie wir arbeiten und was uns wirklich interessiert.
    
Wir recherchieren nach Möglichkeit vor Ort und sprechen z.B. mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichsten Herkunftsländern über ihre Praxiserfahrung, ihre Arbeitstechniken sowie ihre Konfliktbearbeitungstraditionen und erweitern so kontinuierlich unser Wissen.

Dies zeigt uns, wie nötig und lehrreich eine Intensivierung des interdisziplinären und internationalen Austauschs ist, um die Hintergründe besser zu verstehen.

Fazit: Gut, dass wir Expertenwissen aus erster Hand abrufen können.  

Feldstudie für Master-Thesis in einer Asylbewerberunterkunft der Malteser NRW

 


Bild/privat: Abschlussfrühstück zum Pilotprojekt in einer Asylbewerberunterkunft der Malteser NRW: Auswahl von geeigneten Mediatoren in Asylbewerberunterkünften und Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE)

Aufbauend auf seiner langjährigen Expertise führte Peter Kuschmierz (FRIMAP), unter Berücksichtigung der theoretischen und praktischen Erfahrungswerte des Grünen Netzes Mediation (GNM) im Allgemeinen und der im Zuge des Pilotprojekts „Selbstorganisierte Mediation unter Geflüchteten“ gewonnen Erkenntnisse im Besonderen, im Jahr 2023 ein umfassendes und erkenntnisreiches Pilotprojekt mit Feldstudie in einer Asylbewerberunterkunft der Malteser NRW durch. Diese Arbeit diente der Erlangung des akademischen Grades eines Master of Mediation (M.M.) im weiterbildenden Studiengang der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der FernUniversität in Hagen.


Ziel der Feldstudie war es unter anderem herauszuarbeiten, ob

  • geringfügig modifizierte mediative Verfahren euro-amerikanischer Prägung auch bei Konflikten in Asylbewerberunterkünften nutzbar sind, 
  • dies unter der Ägide des MediationsG möglich ist,
  • sowie die Klärung der Frage, ob die Begriffsbestimmungen des MediationsG in diesem Kontext weiter gefasst werden müssen.


Darüber hinaus zeigt die Thesis Chancen der Mediation in diesem Kontext auf, wie beispielsweise den Umstand, dass  

  • „Mediation“ den Stakeholdern Chancen bieten kann, ein für weitere Aktivitäten in der Aufnahmegesellschaft wichtiges Bewusstsein für die Themen „Eigenverantwortung“ und „Privatautonomie“ zu entwickeln. 


Zu Beginn der im Rahmen der Master-Thesis durchgeführten Feldstudie, stand neben dem Einholen einer notwendigen Genehmigung seitens der Malteser NRW zunächst die Kontaktaufnahme mit geeigneten Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die Feldstudie. 

 

Dies machte in einem ersten Schritt die Identifikation geeigneter und am Standort beschäftigter Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuer erforderlich. Voraussetzung für deren Einbeziehung in die Feldstudie war, neben dem Erfordernis der Mehrsprachigkeit, auch ein mit den Stakeholdern in der Asylbewerberunterkunft vergleichbarer Fluchthintergrund und eine ähnliche kulturelle Sozialisation. 


Diesen ausgewählten Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuern wurde in einem zweiten Schritt ein speziell für die Feldstudie erstellter Online-Fragebogen zugesendet. 


Auf Basis der im Rahmen der Expertenbefragung erhobenen Daten konnte ein Systemdesign zur mediativen Ausbildung von Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuern entwickelt werden. 


Diese wurden in Kommunikationsstrukturen des Standortes eingebunden und mit der Bearbeitung und Prävention möglicher Konfliktfelder, wie beispielsweise bei Konflikten 

  • unter Geflüchteten,
  • mit Anwohnern,
  • mit Mitarbeitern,
  • mit Sicherheitsfirmen und
  • mit Betreibern 


betraut, wobei zusätzliche Kosten für externe Dolmetscher eingespart werden konnten. 

Zusammenfassend formulierte Peter Kuschmierz (FRIMAP) insbesondere die folgenden Thesen bezüglich des Einsatzes mehrsprachiger, mediativ geschulter Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuer mit Fluchthintergrund:

  • Sozialbetreuer sind die geeigneten Mediatoren für Asylbewerberunterkünfte. Westeuropäisch ausgebildete Mediatoren reichen nicht aus, um eine Mediation in Asylbewerberunterkünften durchführen zu können.
  • Das in Deutschland vorliegende Mediationsgesetz ist ausreichend, um in Asylbewerberunterkünfte erfolgreich Mediationen durchzuführen.


Die vollständige Master-Thesis Auswahl von geeigneten Mediatoren in Asylbewerberunterkünften und zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE). Feldversuch in einer Asylbewerberunterkunft ist im Erscheinen. 

Experteninterview mit Sheikh Nouri Al-Enezi

Büro des Premierministers der Republik Irak, Stammesausschuss, zur Rolle außergerichtlicher und mediativer Verfahren bei der Beilegung irakischer Stammeskonflikte

Auf Einladung von Sheikh Nouri Al-Enezi konnte Marc-A. Nicolas Hermann, FRIMAP, das folgende Interview im Mai 2023 durchführen, wobei ein großer Dank für die freundliche Hilfsbereitschaft und die gewonnen wertvollen Einblicke an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollen. 
 

Dieses Experteninterview soll einen kleinen Einblick in die Praxis der Vermittlungsbemühungen der irakischen Sheikhs als Stammesoberhäupter und Mitglieder des Prime Minister’s Office, Tribal Commitee verschaffen und zugleich einige Hintergrundinformationen zum besseren Verständnis dieser bedeutsamen Arbeit sowie der ihr zugrundeliegenden Konfliktbearbeitungsmechanismen bei der Beilegung von Konflikten zwischen den arabisch-muslimischen irakischen Stämmen bereitstellen. Ein besonderes Augenmerk wurde hierbei neben Art, Ablauf und der hohen Erfolgsquote der Konfliktbearbeitungsverfahren auch auf die Parallelität von staatlicher Gerichtsbarkeit und außergerichtlichen Konfliktbearbeitungstraditionen auf Stammesebene sowie auf die Zusammenarbeit zwischen den vermittelnden Sheiks und der staatlichen Justiz in der Praxis gelegt.

Interview englische Fassung (PDF 160 KB)
Interview deutsche Fassung (PDF 60 KB) 


Bild: privat, Irakische Sheikhs als Stammesoberhäupter und Mitglieder des Prime Minister’s Office, Tribal Commitee bei der Vermittlungstätigkeit. Sheikh Nouri Al-Enezi 1. Reihe, 3. v. l., rote Kufiya. 

Mediative Verfahren im Rahmen der COP

Policy Paper von Marc Hermann und Carl-Georg Luft


Die 27. Conference of the Parties (COP) im November 2022 stellte erneut ihre Handlungsfähigkeit und die Verbindlichkeit vorheriger Vereinbarungen infrage. Streitbar und strittig schien speziell die Einrichtung eines Ausgleichfonds für die vom Klimawandel hervorgerufenen Schäden und Verluste.

So zeigen die Resultate der 27. COP einmal mehr, wie sehr der Klimawandel als kollektives globales Handlungsproblem durch politische Konflikte und Uneinigkeit der Vertragsparteien gekennzeichnet ist und offenbaren zugleich die tiefe Kluft zwischen Entwicklungs- und Industrieländern – dem globalen Süden und dem globalen Norden – zu deren Überwindung sich niedrigschwellige hybride mediative Tools als nützlich erweisen könnten.

Die United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) sieht in Art. 14 die Verabschiedung, Implementierung und Aktivierung formaler Instrumente und Mechanismen der Konfliktbearbeitung und Vermittlung vor. Der überwiegende Teil der in Art. 14 UNFCCC genannten formellen Instrumente, Prozesse und Mechanismen der Konfliktbearbeitung ist jedoch an nur schwer erfüllbare Vorbedingungen, wie beispielsweise die Ausarbeitung und Realisierung eines „Annex on Arbitration“ oder eines „Annex on Conciliation“, geknüpft und befindet sich gegenwärtig in einem Zustand der Blockade.

Um diese Blockade zu überwinden, wird hier die Entwicklung und Implementierung von niedrigschwelligen hybriden mediativen Tools und Systemen ohne Schiedselemente vorgeschlagen. Konzeptionell sollen sich diese an der bislang wenig beachteten Möglichkeit zur Bearbeitung von Streitigkeiten und Konflikten zwischen den Vertragsparteien durch „Verhandlungen oder andere friedliche Mittel eigener Wahl“ orientieren (Art. 14 Abs. 1 UNFCCC).

In diesem Zusammenhang könnte sich auch eine Aktivierung und Einbindung der von der Klimakrise betroffenen Zivilgesellschaft als so genannte „Third Side“ der Krise als nützlich erweisen, wobei diese etwa durch NGOs oder Akteure aus Wissenschaft und Forschung als „low-key mediators“ repräsentiert werden könnte.

Paper: Climate Change Dispute Resolution
deutsch (PDF 140 KB)
english (PDF 180 KB)

Marc-A. Nicolas Hermann (M.M.) ist Doktorand am Contarini-Institut für Mediation der FernUniversität in Hagen sowie Absolvent des Program on Negotiation an der Harvard Law School und befasst sich schwerpunktmäßig mit zeit- und ortsübergreifenden mediativen Stufen- und Hybridverfahren. 

Carl-Georg Luft ist in seiner Funktion als Vorsitzender der Denkfabrik und Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen zugelassener Beobachter der UN-Klimakonferenz COP.

Bild: Carl-Georg Luft,  Konferenzsaal der UN-Klimakonferenz in Glasgow 2021 (COP 26). 

Rechercheaufenthalt in den Bodleian Libraries der University of Oxford

Die Geschichte der Mediation ist ein spannendes Forschungsfeld, das eine aufwendige Recherche sowie ein umfassendes Quellenstudium sowie einen interdisziplinären Austausch mit Expertinnen und Experten vor Ort erfordert. Zeit- und ortsübergreifende Hybridmuster der Mediation lassen sich vom Altertum über die mittelalterliche Geschichte bis in die frühe Neuzeit nachvollziehen. Dank eines Empfehlungsschreibens verbrachte Marc Hermann (FRIMAP) im Frühjahr 2020 einen Rechercheaufenthalt in den Bodleian Libraries der University of Oxford und konnte sich hier einen wertvollen Überblick sowohl über aktuelle englischsprachige Fachliteratur zu zeit- und ortsübergreifenden Konfliktbearbeitungstraditionen verschaffen, als auch seltene historische Bücher und Handschriften zu mediativen Verfahren einsehen, um so die bestehende historische Verfahrensvielfalt besser einordnen zu können. 

Zu diesem Thema gab Marc Hermann 2021 auch ein Interview unter dem Titel „Ein spannendes Forschungsfeld: Die Geschichte der Mediation – Expertenwissen und Interview mit Marc Hermann“, das im Jahrbuch Mediation Online veröffentlicht wurde. 

 

Bild: Marc-A. Nicolas Hermann,  Radcliffe Camera (History Faculty Library) der Bodleian Libraries der University of Oxford. 

Ho‘ oponopono: Auf hawaiianisch Frieden machen 

If it is good, if it is in balance, if it is right, if it helps, if it is righteous, if it corrects, if it is responsible, if it is caring, if it is humble, if it is peaceful, if it honors, it is pono.

 – Kamehameha III. – 


Der rote Faden der zeit- und ortsübergreifenden mediativen Muster ist global nachvollziehbar. Während eines Aufenthalts in Honolulu, recherchierte Marc-A. Nicolas Hermann (FRIMAP) zu Ho‘ oponopono (in Ordnung bringen), einem traditionellen hawaiianischen Gesellschaftskonzept zur Aussöhnung und Vergebung sowie zu dessen Verfahrensablauf in der Praxis und sammelte zu diesem Zweck Publikationen und Anwendungsbeispiele der School of Social Work der University of Hawa’i at Mānoa. 

Diese bewährte traditionelle, in den 1970er-Jahren revitalisierte und modifizierte, hawaiianische Philosophie bietet wertvolle Impulse und Anknüpfungspunkte für gegenwärtige und zukünftige Systemdesignprozesse der Konfliktbearbeitung.

 

Zu diesem Thema schrieb  

Marc-A. Nicolas Hermann einen Beitrag, der unter dem Titel Ho’oponopono: Auf Hawaiianisch Frieden machen im Jahrbuch Mediation 2019/2020 veröffentlicht wurde.

 

Bild: Marc-A. Nicolas Hermann,  Am Kamehameha Day. Mit Orchideenkränzen geschmückte Bronzestatue von Kamehameha I. vor dem Aliʻiōlani Hale (heute Hawaiʻi State Supreme Court) in Honolulu. 

Mediative Elemente in den Isländersagas

[Der Mann] sollte nun klagen oder sich vertragen, so wie das Gesetz es lehrte.

 

Hört man Begriffe wie Frühmittelalter, Wikingerzeit und Fehden, so assoziiert man diese zumeist mit Rückständigkeit, Gewalt und dem Recht des Stärkeren. Inspiriert während eines Aufenthalts in Reykjavik, befasste sich Marc Hermann (FRIMAP) mit der isländischen Sagaliteratur und sammelte zu diesem Zweck Quellen und Sekundärliteratur, die er auf historische mediative und protodemokratische Elemente untersuchte. 

 

Seine Erkenntnisse fasste er in einem Beitrag zusammen, der unter dem Titel „Mediative Elemente in den Isländersagas – Meilensteine eines gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses“ im Jahrbuch Mediation 2018 veröffentlicht wurde. 


Bild: Marc-A. Nicolas Hermann, Thingplatz mit Lögberg (Gesetzesfelsen), Thingvellir National Park, Island. 

Günes Netz Mediation – Vermitteln in der Flüchtlingskrise 


I. Gründung 


Unter dem Eindruck der globalen Flucht- und Migrationsbewegungen sowie der hieraus im Jahr 2015 resultierenden besonderen Situation für Staat und Gesellschaft in Deutschland wurde auf Initiative der damaligen Inhaberin des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, juristische Rhetorik und Rechtsphilosophie und Wissenschaftlichen Direktorin des Contarini-Instituts für Mediation an der FernUniversität in Hagen, Prof. Dr. Katharina Gräfin von Schlieffen, am 20. Oktober 2015 das Grüne Netz Mediation - Vermitteln in der Flüchtlingskrise (GNM) in Hagen gegründet. 

Nur drei Wochen nach seiner Gründung trafen sich bundesweit tätige multidisziplinäre Expertinnen und Experten aus Theorie und Praxis zu einer Konferenz an der FernUniversität in Hagen, um ein aktuelles Lagebild zu skizzieren und erkannten schnell die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten mediativer Tools in diesem Kontext. 

Am 19. November 2015 erfolgte schließlich die Gründung des Fördervereins Grünes Netz Mediation mit Sitz in Hagen. 

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II. Think-Tanks zur Nutzung mediativer Tools

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Im Rahmen dieser Konferenz konstituierte sich das Grüne Netz Mediation zu einem bundesweit tätigen, dezentralen Netzwerk zur Prävention und Bearbeitung von Konflikten im Kontext von Flucht und Migration, das über 450 registrierte ehrenamtliche Mediatorinnen und Mediatoren umfasste.


Als Ergebnis dieser Konferenz wurden fünf themengebundene Arbeitsgruppen gegründet, von denen die AG „Methoden und Interkulturelles“ und die AG „Selbstorganisierte Mediation unter Geflüchteten“ als „Think-Tanks“ konzipiert wurden. 


Die Betreuung und Koordination dieser „Think-Tanks“ sowie deren wissenschaftliche Begleitung übernahmen, unter Leitung von Prof. Dr. Katharina Gräfin von Schlieffen, die an der FernUniversität lehrenden oder mit ihr verbundenen externen Mediatorinnen und Mediatoren sowie interessierte Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler. 

Als formeller Träger fungierte hierbei das Forschungsinstitut für rechtliches Informationsmanagement, ein An-Institut der FernUniversität in Hagen.

In der Folge entwickelte, plante und realisierte das Netzwerk bundesweit eine Vielzahl lokaler aber auch überregionaler Aktivitäten und Projekte. Exemplarisch seien hier die Durchführung von ehrenamtlichen Mediationsverfahren und Moderationen, die Organisation von Workshops und Informationsveranstaltungen, die Teilnahme an Impulsvorträgen, Symposien, Fachtagungen und Podiumsdiskussionen (wie z.B. Deutscher Anwaltstag 2016 oder Konfliktmanagement-Kongress 2016), eine mit freundlicher Unterstützung der Volkswagen AG (Projekt Flüchtlingshilfe) durchgeführte Promotion-Tour mit einem „Mediationsbus“ durch mehrere Bundesländer sowie die Planung und Durchführung eines kommunalen Pilotprojekts zur Prävention und Bearbeitung von Konflikten im Zusammenhang von Konflikten unter Geflüchteten in der Anschlussunterbringung genannt.

III. Pilotprojekt: Begleitete selbstorganisierte Mediation unter Geflüchteten

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Zu Beginn der Arbeit dieses von Marc Hermann (FRIMAP) geleiteten „Think-Tanks“, der in ihrem weiteren Verlauf auch das Wohlgefallen von weltweit führenden Expertinnen und Experten für Verhandlungsführung und Konfliktbearbeitung zugesprochen wurde, stand neben dem Knüpfen eines internationalen Netzwerks mit NGOs und der Kontaktaufnahme mit internationalen Expertinnen und Experten, zunächst die Konzeption eines theoretischen Rahmenkonzepts.


Dies machte eine aufwändige bundesweite Suche und Identifikation von Personen in Erstaufnahmeeinrichtungen erforderlich, die eigenmächtig und informell bei Konflikten unter Geflüchteten mediativ tätig geworden sind.

Diesen mediativ tätigen Geflüchteten wurde im Rahmen einer Expertenbefragung ein Fragebogen in englischer und arabischer Sprache zugesendet, mit dem Ziel deren Motivation und Arbeitsweise grob erfassen und skizzieren zu können. 

Aufbauend auf dieser Expertenbefragung, lud Prof. Dr. Katharina Gräfin von Schlieffen am 6. April 2016 zu einem „Roundtable zu Mediatorenpersönlichkeiten unter Geflüchteten“, in die FernUniversität in Hagen ein, in dessen Rahmen, mit Unterstützung von Dolmetschern, den teilnehmenden Geflüchteten vertiefende Fragen zu deren mediativer Arbeitsweise gestellt wurden.


Auf Basis der zuvor erhobenen Daten und nach Auswertung des Befragungsprotokolls des Hagener Roundtables wurde, unter Berücksichtigung lokaler Konfliktbearbeitungstraditionen der Levante, ein passgenaues, von den Stakeholdern als „fair“ und „transparent“ empfundenes, Systemdesign für das das Pilotprojekt: „Selbstorganisierte Mediation unter Geflüchteten“ für eine Pilotgemeinde in Baden-Württemberg entwickelt.


Nach Abschluss der erforderlichen Vorbereitungs- und Planungsphase, konnte im September 2016 das Pilotprojekt erfolgreich in der Pilotgemeinde gestartet werden, mit dem Ziel, zuvor geschulte Mediatoren mit Fluchthintergrund in kommunale Strukturen einzubinden. 


Den Auftakt bildete ein komplexer, insgesamt zwölf Teilnehmer umfassender und zugleich hocheskalierter Konflikt unter Geflüchteten in der Anschlussunterbringung. Dieser konnte, begleitet von einer Sozialarbeiterin und weiteren Vertretern der Pilotgemeinde, mit Hilfe eines Mediators mit Fluchthintergrund, in einem multilingualen, dreistündigen Mediationsverfahren sui generis bearbeitet werden.


Mittels eines speziell hierfür konzipierten Konfliktprotokollbogens in arabischer, englischer und deutscher Sprache wurden Fälle wie dieser zu Evaluationszwecken erfasst und als anonymisierte Falldokumentationen aufbereitet. 


Im Verlauf des Pilotprojekts trat der Mediator mit Fluchthintergrund auch eine Stelle des Bundesfreiwilligendienstes in der Pilotgemeinde an. In dieser Funktion sollte er, neben der Durchführung mediativer Verfahren, auch präventiv potenzielle Konfliktfelder unter den Geflüchteten thematisieren und diesen bei Bedarf als Ansprechpartner (wie beispielsweise bei Behördengängen) zur Seite stehen.


Dieses erkenntnisreiche Pilotprojekt wäre ohne die tatkräftige Unterstützung von Prof. Dr. Katharina Gräfin von Schlieffen, Dr. Friedrich Dauner, Ernst Jan Schröder, Dr. Wadii Serhane, Mehmet Bartu und Sascha Richter nicht möglich gewesen.

Webseite: https://www.gruenes-netz-mediation.de 

Experteninterview mit Robert H. Mnookin

Samuel Williston Professor of Law at Harvard Law School und Director des Harvard Negotiation Research Project zu dessen Praxiserfahrung und über die Forschungsarbeit des Program on Negotiation (PON)
 
Als Alumnus des Program on Negotiation at Harvard Law School (PON) führte Marc-A. Nicolas Hermann, FRIMAP, das folgende Interview.
 
Das Interview vermittelt einen Überblick über die Forschungsarbeit und Praxiserfahrung Prof. Mnookins sowie über die Themenschwerpunkte des im Jahre 1983 gegründeten Sonderforschungsprojekts Program on Negotiation, eines Universitätskonsortiums bestehend aus Lehrenden, Studierenden und weiteren Fakultätsangehörigen der Harvard University, des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Tufts University. Neben spannenden Hintergrundinformationen zu Prof. Mnookins prägendsten Fällen aus der Praxis, interessanten Einblicken in das American Secretaries of State Project (SOSP) und einem kurzen Abriss zu den vom PON gelehrten Theorien, bietet es auch Praxistipps speziell für Studierende in Deutschland, die sich für die Themen Konfliktprävention, Konfliktbearbeitung, Mediation und Diplomatie interessieren.
 
Das Interview wurde im englischen Original unter dem Titel „An Interview with Robert H. Mnookin“ in der Fachzeitschrift ZKM 3/2015 veröffentlicht und ist abrufbar unter:

Download (externer Link/Paywall) 


Bild: Marc-A. Nicolas Hermann, am Rande eines Workshops des Program on Negotiation at Harvard Law School in Cambridge, Massachusetts. Prof. Mnookin (l.), Marc-A. Nicolas 

Hermann (r.)

Program on Negotiation at Harvard Law School


Nach Abschluss des Masterstudiengangs Mediation an der FernUniversität in Hagen besuchte Marc-A. Nicolas Hermann (FRIMAP) das Program on Negotiation at Harvard Law School (PON), ein Universitätskonsortium der Harvard University, dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Tufts University, das sich der Entwicklung von Theorie und Praxis der Verhandlungsführung und des Konfliktmanagements widmet. 

Er absolvierte dort die Workshops von Robert Bordone (Thaddeus R. Beal Clinical Professor of Law, Harvard Law School; Director, the Harvard Negotiation and Mediation Clinical Program), Max Bazerman (Jesse Isidor Straus Professor of Business Administration, Harvard Business School), Robert Mnookin (Samuel Williston Professor of Law; Chair Program on Negotiation at Harvard Law School), Daniel Shapiro (Harvard Medical School; Director Harvard International Negotiation Program), Jeswald Salacuse (The Fletcher School of Law and Diplomacy; Tufts University) und Michael Wheeler (Professor of Management; Harvard Business School). 

Zu seinen Eindrücken beim PON und der Gelegenheit von weltweit führenden Verhandlungsexperten lernen zu können, schrieb Marc Hermann einen Beitrag, der unter dem Titel „Roger Fishers Erben – Program on Negotiation“ in der Zeitschrift MEDIATOR - Mediation in Wissenschaft und Praxis, 03/2015, S. 15-19 veröffentlicht wurde. Download (PDF 150 KB)


Bild: Marc-A. Nicolas Hermann,  Langdell Hall (Harvard Law School Library), Cambridge, Massachusetts. 

The skillful management of conflicts is among the highest of human skills.

- Stuart Hampshire -